Geschichte aus der Küche

Also wissen Sie, was man sich heute so alles gefallen lassen muß, wenn man in einer Küche arbeitet, das ist schon wirklich die Höhe. Sie können sich ja nicht vorstellen wie schrecklich ich meinen Job manchmal finde. Zugegeben, es gibt auch wirklich gute Tage, doch meistens ist es schon eine rechte Plackerei und unappetitlich ist es auch meistens. Wie bitte? Sie meinen in einer Küche ginge es doch recht manierlich zu? Na da will ich ihnen mal erzählen was ich so erlebe.

Wie würde es ihnen denn gefallen, wenn man das ganze alte Öl aus der Friteuse einfach in sie reinkippt, dass sie mit dem Schlucken nicht mehr nachkommen? Und dann hängt das klebrige, glitschige Zeug auch noch so ekelhaft an den Innenwänden fest! Igitt, ich kann ihnen sagen, das ich nicht grade fein. Da bin ich doch froh das meine Herrin jetzt beschlossen hat nur noch dieses Kokosfettzeug zu kaufen, das in der Friteuse wieder fest wird. Das muss man nämlich in den Mülleimer werfen, weil ich das garantiert nicht schlucke. Die werte Kollegin Friteuse beklagt sich zwar, weil ihr das Zeug so hart im Bauch liegt, aber mir ist es schon lieber so, das können sie mir glauben.

Aber was sich dieser Bengel, der Sohn meiner Hausfrau, letztens wieder geleistet hat, das schlägt doch dem Faß den Boden aus. Da hat der Lümmel doch glatt, als die Herrin nicht da war, in mir seinen uralten, verdreckten Malkasten ausgewaschen. Überall klebten noch die Reste vom Deckweiss und das Braun hat Flecken auf meiner Nirostahaut hinterlassen, das es aus sah als wäre ich verrostet. Schrecklich, ich sage ihnen, einfach schrecklich. Na der Bengel hat ganz schön Schelte bekommen dafür und meine Herrin hat ihn geschickt mich wieder sauber zu machen. Schwupp zwei Hände aus meinem besten Freund dem Wasserhahn drüber (kaltes auch noch!) und fertig, nicht mal den Lappen hat er genommen. Schlussendlich hat meine Herrin mich dann doch selber wieder in Ordnung gebracht. Ich freue mich immer wenn die Herrin das macht, sie nimmt immer das teure Reinigungsmittel und reibt mich richtig sauber und glänzend und trocknet mich hinterher auch noch ab, damit ich keine Wasserflecken bekomme. Leider macht sie das nur sehr selten, weil meistens der Herr des Hauses an mir arbeitet.

Er ist zwar auch nett und spült auch die Kollegen Teller und Gläser sehr ordentlich, doch mit mir geht er schon oft recht rau um. Ich werde nie verstehen warum er immer das letzte Spülwasser in mir stehen lässt. Er hat ja keine Ahnung wie unangenehm sich das anfühlt wenn das Wasser langsam kalt wird und sich das abgespülte Fett und die Essensreste absetzen. Meistens kommt aber dann die Herrin nach einer Weile und erlöst mich in dem sie den Stöpsel rauszieht, die letzten nicht gespülten Sachen aus mir rausnimmt und die ekligen Reste wegspült. Sie nimmt sogar den Lappen und wischt die Fettränder ab. Schade das die Herrin nicht öfter selber spült, sie macht das immer so ordentlich und lässt nie Geschirr zum Abtropfen auf meiner Ablage stehen. Wenn die Tropfen auf mich fallen, das gibt immer so hässliche Wasserflecken.

Wenn ich Glück habe stellt sie sogar das Radio an, wenn sie an mir arbeitet. Ich mag ja so gerne die Sendungen die da kommen. Die schöne Musik und die interessanten Berichte. Letztens haben sie da im Radio wieder so einen Bericht für uns gebracht. Ein neues Mittel wurde erfunden, dass meine Arbeit deutlich erleichtern soll. Solche Innovationen finde ich gut und im Radio berichten sie ja auch immer so interessant darüber mit Musik und Wiederholungen, das man es auch gut verstehen kann. Wenn ich nur meine Herrin davon überzeugen könnte dieses Palmolive-Mittel aus dem Bericht zu kaufen, das soll ja die Hände pflegen, und wenn es die Hände pflegt, dann würde vielleicht die Herrin öfter selber an mir arbeiten.

Seltener, meist am Abend kann ich auch mal aus dem Wohnzimmer Berichte hören, die scheinen noch interessanter zu sein. Der Sohn jammert manchmal wenn er an mir arbeiten muß und nicht den Berichtkasten im Wohnzimmer benutzen darf. Fernseher nennt er ihn wohl. Ich kann ihn zwar nicht sehen, wie man damit in die Ferne sehen kann ist mir auch nicht ganz klar, aber da kommen viel öfter Berichte für uns und oft höre ich auch Berichte für andere Kollegen, darüber unterhalten wir uns dann und überlegen ob wir solche tollen Erfindungen wie dieses Mittel mit dem die Kollegin Waschmaschine auch die hartnäckigsten Flecken aus der Wäsche bekommt, auch mal in unsere Küche bekommen werden. Aber das sind eher seltene Musestunden, zumeist sind wir Küchenpersonal ja schwer beschäftigt.

Der Herr Kühlschrank ist ja der fleißigste von uns allen, immer am werkeln und kühlen und frisch halten, aber auch für mich gibt es immer viel zu tun. Die Herrschaft hat oft Besuch und da sind immer viele Kaffeetassen zu spülen und Gläser auch... überhaupt die Kollegen Gläser sind mir ja die liebsten. Sie sind fast nie fettig und hinterlassen auch keine unangenehmen Spuren. Wirklich ein feines Völkchen. Letztens hat sich sogar ein Saftglas bei mir für die Unannehmlichkeiten entschuldigt, weil der Bengel es mehrere Tage in seinem Zimmer hatte stehen lassen und der Herr den verschimmelten Saft einfach in mich reingekippt haben. Ja wozu haben denn die Herrschaften eine Toilette, wenn sie das unangenehme Zeug immer in mich reinschütten.

Na ja, ich sag ja früher war es besser, als wir noch mit Email überzogen waren und keine feste Verbindung zur Kanalisation hatten. Da kamen wir wenigstens ab und zu mal an die frische Luft, wenn auch nur um über dem nächsten Gulli ausgeleert zu werden. Damals mussten wir nicht mit abgestandenem Spülwasser rumstehen und hoffen, das jemand merkt das uns friert. Heutzutage stehen oder liegen wir ja nur in der Küche und müssen alles aushalten. Damals zu meiner Großmutter Zeiten, da haben die Hausfrauen noch auf uns geachtet, damit uns nicht das Email absprang. Aber wir aus Nirosta-Generation sind ja so robust, da muss man ja nicht aufpassen ob man den schweren Topf fest genug hält oder ob er uns auf den Boden kracht das alles wackelt, oh nein, wir halten das schon aus, so denkt die Herrschaft. Missachtet und ausgebeutet werden wir, das ist die Wahrheit, nur dass das keiner merkt.

Meine Herrin steht oft vor dem Spiegel im Flur und poliert an ihrem Gesicht herum und ich? Ich kann mit Wasserflecken und Essensresten auf meiner Arbeitsfläche liegen und niemanden kümmert es. Wenigstens ist die Arbeitsfläche in der ich installiert bin groß genug, so das nicht dauernd das Geschirr in mir drin steht. Ich kann ihnen sagen, das ist vielleicht ein scheußliches Gefühl. Die Kollegen von der Porzellan-Fraktion jammern immerzu, dass sie unbequem liegen und beklagen sich bei den Leuten von der Besteck-Abteilung, das sie nicht so pieken sollen. Als ob ich was dafür könnte wie sie reingesteckt werden und keiner fragt danach ob mich was drückt oder piekt. Nicht mal ein Dankeschön von den zerbrechlichen Kollegen, das ich darauf aufpasse, dass sie nicht auf den Boden rutschen und zerspringen. Tja so ist das hochnäsige Volk aus dem Geschirrschrank.

Die Töpfe sind ja auch nicht grad sensibel und freundlich, aber das versteh ich ja noch, sie müssen ja auch einiges aushalten. Wir sind ja doch so was wie Verwandte wenn auch nur vom Format her. Wissen Sie was mir der Kuchenbehälter neulich erzählt hat? Er war ja für eine Weile außer Hause, der glückliche. Er sagte er wäre in einer Küche gewesen, da hätte er eine Maschine kennengelernt, die könnte besser arbeiten als ich. Darin wäre es zwar dunkel, aber wunderbar heiß und das Reinigungsmittel wäre viel besser als das Spülmittel, das die Herrschaft benutzt. Er behauptete sogar die Gläser würden ohne Flecken in dieser Maschine trocknen und die meine Artgenossin in dieser Küche hätte kaum Arbeit und wäre fast immer sauber und glänzend. Also ich glaube ja das dieser eingebildete Kuchenbehälter mich ärgern wollte und gelogen hat, aber das lasse ich ihn nächstens spüren wenn ich ihn ins Wasser bekomme. Mir so einen Bären aufbinden zu wollen. Man ist ja schließlich nicht dumm nur weil man nichts von der Welt zusehen bekommt, nicht wahr.

Oh, da kommt der Herr ich hab den Schlüssel in der Tür gehört. Jetzt dauert es nicht mehr lange bis ich arbeit bekomme. Ich kann jetzt leider nicht mehr weiter mit Ihnen plaudern, aber es war nett, das sie sich mal Zeit genommen haben sich die Geschichte einer armen, alten Spüle anzuhören.